Mindset/Psyche

Haut, die Ladestation unseres Körpers

Verena Hirzenberger |

22.04.2021

REPOST von JUNI 2020….. also fast vor einem Jahr

Da bin ich wieder. Schon einmal habe ich diese Woche meinen Laptop aufgeklappt und versucht meine Gedanken hier aufs Blatt zu bringen. Es ging nicht. Ich musste mal wieder feststellen, dass ich keiner dieser Menschen bin, die “auf Befehl” gut und gerne schreiben können. Es gibt ja tatsächlich einige Autoren, die gerade unter Zeitdruck zu Höchstleistungen auflaufen. Dieses Phänomen kenne ich zwar auch, und ich kann mich noch gut erinnern, als ich damals an meiner Masterthesis saß, an den letzten Seiten und des Nachts abwechselnd wie ein Panther unruhig und getrieben in meiner Wohnung auf und ab ging, gefolgt von Minuten in denen die Wörter nur so aus den Fingern liefen.

Das tägliche Bloggen während des Lockdowns klappte jedoch am Besten in voller Muse, während sehr entspannter Tage zwischen Kaffee und Spaziergang, ohne darauffolgender weiterer 3 Termine quer über die Stadt verteilt. Und während ich heute draußen vorm Fenster, das Rauschen einiger Autoreifen durch die nassen Straßen höre, passt es auch ganz wunderbar.

Foto by Tomas Martinez Soldevilla

Das war jetzt eine etwas lange Einleitung. Also heute möchte ich einige Gedanken zum Thema Haut und Berührung mit euch teilen.

HAUT…das größe Organ unseres Körpers

Oft vergessen wir darauf, dass unsere Haut tatsächlich unser größes Organ ist. Verständlicher wird dieser Fakt allein durch ein paar Zahlen. Eineinhalb bis zwei Quadratmeter macht die Fläche von ihr aus und gleichzeitig etwa ein Sechstel des Körpergewichtes. Dem gegenüber steht jedoch  im Durchschnitt nur eine Dicke von wenigen Milimetern. Erstaunlich oder? Grob einteilen können wir unsere Haut in drei Schichten: Oberhaut, Lederhaut und Unterhaut.

Schutzschild Oberhaut

Die sogenannte Epidermis mit etwa 0,1 Milimetern Dicke, bzw. an Stellen wie den Fußsohlen  als Hornhaut auch bis zu 5 Milimetern, ist mit einer dünnen Wasser-Fett-Schicht überzogen. Das gibt ihr Elastizität und schützt uns vor Bakterien und Pilzen. Die oberste Schicht der Oberhaut, aufgebaut aus abgestorbenen Zellen, dem Keratin, bilden außerdem einen sehr widerstandsfähigen Schutz gegen mechanische und chemische Reize. Und die Langerhans-Zellen sind hier als wichtige Abwehrzellen des Immunsystems auch noch zu finden.

Als ich vor 2 Wochen einige Tage am wunderschönen Attersee verbracht habe, bekam ich postwendend die Rechnung für meinen zu unbekümmerten Umgang mit den Melanozyten, den Pigmentzellen, die den braunen Farbstoff Melanin für den körpereigenen Sonnenschutz bilden, geliefert. Sie befinden sich in der untersten Zellschicht der Oberhaut. Ich hatte nach vielen Jahren wieder einmal einen heftigen Sonnenbrand ausgefasst. Ich kaufte am darauffolgenden Tag den Lagerbestand an Aloevera-Gel bei Bipa auf, und glühte 3 Tage lang wie ein Glühwürmchen. Helle Haut, blaue Augen- “die noble Blässe steht mir gut!, jenen Leitsatz versuche ich aufgrund meines relativ empfindlichen Hauttyps weitgehenst zu berücksichtigen.

Die Lederhaut

Die Dermis besteht aus zwei Schichten. Die obere, dünnere Zone aus lockerem Bindegewebe, und eine dickere untere Schicht mit horizontalen Bündeln kräftiger Bindegewebsfasern (kollagenen Fasern) . Blutgefäße und Nervenfasern mit speziellen Endorganen sind hier eingebettet und damit zuständig für die Wahrnehmung von Druck, Berührung, Schmerz, Temperatur und Jucken.

Die Unterhaut

Vorwiegend bestehend aus Fettgewebe, das die wichtige Funktion des Kälteschutzes und Energiespeichers übernimmt, wird diese Hautschicht auch als Unterhautfettgewebe bezeichnet. Größere Blutgefäße und dickere Nervenfasern verlaufen hier ebenso wie Haarwurzeln, Talg- und Schweißdrüsen.

Fotocredit: pinterest.com

Hier sind nochmal kurz zusammengefasst die Funktionen deines Multitalents Haut:

  • Schutzschild gegen Umwelteinflüsse
  • Hitze- und Kälteschutz
  • Schutzhülle gegen Krankheitserreger und Strahlung
  • Speicher für Nährstoffe und Wasser
  • Ausscheidungsorgan für Abbauprodukte des Stoffwechsels
  • Aufnahmeorgan für Medikamente und Hormone
  • Sinnesorgan

Quelle: gesundheit.de

 

Soweit zur Physiologie. Weiter einsteigen möchte ich jetzt auf den in der Auflistung als letzten Punkt angeführten Fakt: die Haut als größtes SINNES-Organ.

Soviel Haut- soviel spüren- sowenig Berührung,…

Abstand halten, social distancing, physical distancing, Babyelefant, 1- 2m Mindestabstand, Namaste statt BussiBussi,…in den vergangenen Monaten wurde uns (aus guten und berechtigten Gründen!) eingebläut körperlich auf Distanz zueinander zu gehen. Wir sollten zuhause bleiben, soziale Kontakte weitgehend einschränken.

Psychotherapeuten haben zu Recht früh aufgeschrien. Menschen sind soziale Wesen. Wir würden verkümmern und krank werden ohne ein gewisses Maß an sozialem Austausch und Berührung. Gerade für alleinstehende Personen und ältere Menschen in Heimen und anderen Pflegeeinrichtungen waren dies unglaublich schwere und belastbare Tage, die auch deutlich sichtbare und messbare Spuren hinterlassen haben.

Fotocredit: picturequotes.com

Ich persönlich habe erst mal aufgeatmet in jenen Tagen. Beruflich täglich in großem und intensivem Austausch stehend mit vielen verschiedenen Menschen, tat mir der Standby-Modus und die Reduktion auf mich selbst richtig gut. Die körperliche Ebene fiel weg, jedoch möchte ich betonen, dass ich ja nach wie vor durch die Nutzung digitaler Medien auf sprachlicher Ebene in intensivem Kontakt mit mir lieb gewonnenen Menschen stand. Dazu zähle ich neben Freunden und Familie auch meine Kunden, die unglaublich liebevoll und wertschätzend durch diese Zeit mit mir gingen. Danke nochmals dafür an dieser Stelle!

Dann kamen die ersten Lockerungen, und ich war ehrlich gesagt sehr gespannt auf meine erste Umarmung nach dieser Zeit. Mit wem ich sie wann teilen, und was es mit mir machen würde. Schließlich waren es die Arme meiner Mama, die mich am 9.Mai am Bahnhof in Oberösterreich umschlossen. Geheult hab ich zwar nicht, aber unglaublich schön war es trotzdem.

Feuchte Augen bekam ich dann aber vergangene Woche, bei einem Frühstück mit einer lieben Freundin im Cafe Felzl in der Westbahnstraße. Ich war früher drann, nahm Platz an einem Tisch und wartete. Schräg gegenüber beobachtete ich die Begrüßung zweier älterer Damen. Beide weiße Haare, jung und flott mit Sneakers gekleidet. Die eine erhob sich vom Tisch, als die andere auf sie zuging. Und dann schwebte kurz dieses unausgesprochene Fragezeichen über ihnen, das auf eine beidseitige Zustimmung hoffte, um die Unsicherheit wegzuwischen. Schließlich fielen sich die beiden in die Arme. DA hab ich dann nasse Augen bekommen.

Fotocredit: pinterest.de

Ich hab Bilder in meinem Kopf von Umarmungen und Berührungen. Mit Free-Hugs auf der Mariahilferstraße haben die nichts zu tun. Damit kann ich um ehrlich zu sein wenig anfangen. Der Kopf meines Papas im Schoß meiner Mama beim gemeinsamen Fernsehen am Abend auf der Couch in meiner Kindheit. Meine beste Freundin, die deutlich kleiner als ich war, ihr Kopf passte daher beim Zugfahren perfekt an meine Schulter. Und umgekehrt mein Kopf an der Brust eines Mannes, der zwei Köpfe größer als ich war, so dass ich so an ihn gelehnt in der Ubahn stehend verschwand, und nicht mehr sah, wer da noch stand hinter uns im Rest des Wagons.

Was passiert bei so einer Berührung im Körper aber eigentlich?

Von den Hautrezeptoren aus werden die Signale über Nervenbahnen an das Gehirn geschickt. Dabei werden aber nicht nur die harten Fakten übermittelt, wie Struktur und Ort der Berührung- sondern über  eine spezielle Nervenverbindung auch eine emotionale Bewertung der Berührung. Ist die Berührung positiv oder negativ, angenehm oder unangenehm?

Diese Verbindung, über die Berührungen Gefühle auslösen, besteht aus den sogenannten CT-Nervenbahnen. Sie werden nur bei relativ sanften und langsamen Streichel-Bewegungen aktiviert und reagieren besonders gut auf Hautwärme. Im Gehirn führt ihre Aktivierung zur Ausschüttung des Glückshormons Oxytocin. Außerdem verändert sich die Empfindlichkeit für Endorphine, einer Gruppe körpereigener Opiate. In der Folge kommt es zum Abbau von Stresshormonen und der Verlangsamung von Atmung und Herzschlag. Der Körper entspannt und wir fühlen uns wohl.

Dass jedoch Berührungen weit über ein Gefühl des Wohlbefindes hinausgehen, sogar lebensnotwendig sind, beweist ein ethisch schwer verwerfliches Experiment welches in den 1950er Jahren von Harry Harlow durchgeführt wurde:

Um Affen für seine Forschung möglichst keimfrei aufziehen zu können, isolierte er neugeborene Äffchen von ihren Müttern. Allerdings: Die isolierten Äffchen entwickelten sich nicht wie erwartet, sondern zeigten deutliche Entwicklungs- und Verhaltensstörungen. Um seine Hypothese, wonach der enge Kontakt zwischen Äffchen und Mutter noch einen weiteren Sinn als das bloße Überleben erfüllte zu untermauern, isolierte Harlow wieder neugeborene Rhesusaffen von ihren Müttern. Doch diesmal bekamen sie einen Ersatz: zwei Puppen, deren Form und Aussehen echten Affen glich. Eine “Draht-Mutter” aus hartem Metall, und eine “Stoff-Mutter”, die mit weicher Wolle gepolstert war. Milch bekamen die Äffchen nur von der “Draht-Mutter”, über ein integriertes Fläschchen. Obwohl die “Draht-Mutter” damit über das überlebenswichtige Futter verfügte, verbrachten die Kleinen bei ihr nur ein Minimum an Zeit. Die weiche “Stoff-Mutter” war der klare Favorit. Sie gab den Jungen das taktile Feedback, das sie brauchten. Mit ihr kuschelten sie, bei ihr schliefen sie. Kamen die Äffchen alleine in eine neue Umgebung, waren sie verschreckt und verängstigt. Wurden sie zusammen mit der “Stoff-Mutter” in einen neuen Käfig gesetzt, waren sie neugierig und interessiert.

Harlows Experimente aus den 1950iger Jahren haben gezeigt, wie essentiell Körperkontakt für die Entwicklung eines gesunden Sozialverhaltens ist, wenn auch natürlich ethisch verwerflich.

Natürlich gilt dies nicht allein für Babys oder Kinder. Auch für uns Erwachsene hat regelmäßiger Körperkontakt viele positive Effekte. Menschen die jeden Tag umarmt werden, sind z.B. weniger anfällig für Erkältungen. Berührung kann aber noch mehr. Massagen werden z.B. auch ergänzend zur Behandlung von Krebs eingesetzt, vor allem um die Nebeneffekte von klassischer Chemotherapie und Bestrahlung zu lindern.

Berührungen allein können vielleicht nicht heilen, aber sie können unserem Körper offenbar helfen, besser mit Krankheiten fertig zu werden. Wie das genau funktioniert, ist noch nicht vollständig geklärt. Klar ist aber: Die Berührung alleine hat wenig Effekt. Wichtig ist die Verbindung von Haut und Gefühlen. Durch die Ausschüttung von Oxytocin nach einer angenehmen Berührung werden Stresshormone im Körper abgebaut. Das reduziert nicht nur Ängste, sondern stärkt auch das Abwehrsystem. Denn ein Teil der Stressreaktion des Körpers ist die Unterdrückung von Immunfunktionen. Außerdem hat Oxytocin im Körper eine schmerzstillende Wirkung.

Großartige Quelle zum Weiterlesen: Darum sind Berührungen so wichtig

Und wenn wir nun die ganze Theorie und Wissenschaft zur Seite schieben. Ist es nicht einfach unglaublich schön Haut an Haut einzuschlafen und zu spüren wie sich die Wärme des Körpers überträgt und zu einem gemeinsamen Empfinden wird? Ich denke, das kann man jetzt einfach mal so stehen lassen am Sonntag.

Fotocredit: pinterest.com

PS: Ich habe seit einigen Wochen meine eigene Massageliege bei mir in der Wohnung stehen. Melde dich gerne, wenn ich dir durch eine gezielte Massage dabei helfen kann z.B.: Verspannungen im Kopf-Schulter-Nacken-Bereich zu lindern, und damit zu deinem Wohlbefinden beitragen kann.

Lass dein Wochenende entspannt ausklingen,

deine Verena

 

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